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2016

CATHERINE CRAFT

Kunsthistorikerin, Nasher Sculpture Center Dallas

Im September 2018 zeigt das Nasher Sculpture Center in Dallas, Texas The Nature of Arp: Sculptures, Reliefs, Works on Paper. Es ist die erste große Museumsausstellung in den USA seit nahezu drei Jahrzehnten die sich mit den bahnbrechenden Errungenschaften des Künstlers Hans Arp beschäftigt. In einem gemeinschaftlich geschriebenen Text, der 1920 unter dem Pseudonym Alexander Partens erscheint, schreibt Hans Arp: “Er wollte die unmittelbare Produktion. Nicht anders, als wenn ein Stein vom Berg bricht, eine Blüte sich vollendet, ein Tier sich fortsetzt.” Die Ausstellung The Nature of Arp möchte aufzeigen, welche künstlerischen Strategien Hans Arp entwickelte um dieses Ziel zu erreichen, indem er sich an Prozessen der Natur orientierte. Prozesse, die “nach den Gesetzen des Zufalls” entstehen, wie der Kreislauf von Geburt, Wachstum und Verwandlung sowie von Entropie, Tod und Verfall. Die Ausstellung wird circa 80 Werke unterschiedlicher Medien und aus allen Schaffensperioden Arps zeigen. Sie wird von einem wissenschaftlichen Katalog begleitet, der einen grundlegenden Aufsatz von mir sowie Beiträge von anderen Wissenschaftlern enthalten wird.Als Kuratorin der Ausstellung habe ich den Titel der Ausstellung The Nature of Arp auch deshalb gewählt, um mein Interesse an anderen Aspekten der “Natur” des Werkes von Arp aufzuzeigen, wie zum Beispiel das Verhältnis von Arps Leben, Werk und Karriere. Die Untersuchung konzentriert sich dabei derzeit auf drei Gebiete: Arp’s Beziehung zu anderen Künstlern, seine Rolle bei der Herstellung und Erhaltung von künstlerischen Netzwerken, die Zirkulation seiner Werke innerhalb dieser Netzwerke; die Rolle und Art der Präsentation seiner Kunstwerke sowie sein radikaler Ansatz in Bezug auf künstlerische Originalität und Kreativität. Meine Recherchen während des Archiv- und Bibliothekstipendiums der Stiftung Arp e.V. basieren auf den Zielen des Ausstellungsprojektes.

Bericht von Catherine Craft über ihren Forschungsaufenthalt im Archiv der Stiftung Arp e.V. publiziert im Nasher Sculpture Magazine, Herbst 2016

 


 

DR. DENIS LOMTEV

Kunst- und Musikhistoriker, Moskau

Hans Arp und El Lissitzky. Eine Facette des russischen Konstruktivismus

Das Thema des Forschungsvorhabens ist einer spezifischen Seite des Kunsttransfers zwischen dem westeuropäischen und dem russischen Kulturraum gewidmet. Es handelt sich um die von den russischen Künstlern der Avantgarde bewirkten und empfangenen Impulse in Bezug auf die Künstlerpersönlichkeit Hans Arp. Der Ideenaustausch und gegenseitige Einfluss zwischen ihm und seinen russischen Kollegen, von denen El Lissitzky (1890-1941) als Mediator dieser Prozesse fungierte, sollen anhand der Archiv- und Bibliotheksbestände der Stiftung Arp e.V. untersucht werden.Das Ausreifen eines dieser Konzepte ist in den Experimenten mit räumlichen Dimensionen von Alexander Rodtschenko (1891-1956) zu beobachten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in Rodtschenkos Fotografien und Fotomontagen, wobei vor allem seine Collagetechnik viele Gemeinsamkeiten mit der von Arp aufweist. Der Regisseur Sergej Eisenstein (1898-1948), dessen Name untrennbar mit der russischen Filmgeschichte verbunden ist, wirkte als Schauspieler an dem experimentellen Film Everyday mit, der nach Arps Szenario 1929 gedreht wurde. Weiterhin soll sein Konzept eines so genannten Kugelbuchs zum besseren Verständnis des kontextuellen Hintergrunds der Kontakte zwischen Hans Arp und El Lissitzky mit einbezogen werden, und zwar im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit an der 1925 erschienen Schrift Die Kunstismen. Ein weiteres Produkt dieser Begegnung ist das von Lissitzky gemachte Fotoporträt von Arp, das eine Brücke zur russischen Literatur der Avantgarde schlägt. Lissitzky verwendete es 1928 bei der Gestaltung des Umschlags des Buches Notizen eines Dichters von Iljâ Selvinskij (1899-1968), dem Lyriker und Dramatiker des russischen Konstruktivismus. Das Werk enthält Hinweise auf die Schaffensgebiete der Dadaisten und nahm dadurch Bezug auf Hans Arp als markanten Vertreter jener künstlerischen und literarischen Bewegung.

Bericht von Denis Lomtev über seinen Rechercheaufenthalt in der Stiftung Arp im Juni 2016

 


 

MARCELO MARI

Kunsthistoriker, Universidade de Brasilia

Nachschöpfungen and Sophie Taeuber-Arp’s artworks atthe IIIBienal de São Paulo

Das Forschungsprojekt geht der Bedeutung der Ausstellung von Werken Sophie Taeuber- Arps auf der dritten Biennale von São Paulo für die Konsolidierung der konstruktiven Kunst in Brasilien in den 1950er und 1960er Jahren nach. Es war eine große Ausstellung ihrer Werke. Zu sehen waren 41 Gemälde unterschiedlicher Größen. Ohne Zweifel war die Präsentation von Sophie Taeuber-Arp der größte Erfolg der Schweizer Delegation nach dem Preis von Max Bill bei der ersten Biennale 1951. Es war eine Zeit des Kalten Krieges, in der die Nationen ihre führende Rolle innerhalb der internationalen Kulturlandschaft wiederherstellen oder bestätigen wollten. Die Kunstwelt wurde immer mehr bestimmt von den Debatten zwischen den USA und der Sowjetunion. Kritiker und Kuratoren dieser Länder nutzten die Biennale von São Paulo von Beginn an, um die Überzeugungen ihrer Ideen zu präsentieren. In diesem Kontext ist der Fall Frankreichs exemplarisch, dessen Ausstellung eine Zeitspanne vom 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart aufzeigte und nichts weniger als die Schule von Paris zeigte, geführt von Persönlichkeiten wie Germain Bazin und René Huyghe. Neben Frankreich befand sich der neue Fokus der Bildenden Künste auf der anderen Seite des Atlantiks, in den Vereinigten Staaten, vor allen Dingen in New York, das das neue Zentrum der modernen Kunst geworden war. In dieser von Kontroversen bestimmten Zeit zwischen konstruktiver und informeller Kunst, zeigten die USA mit der aktiven Unterstützung von Alfred H. Barr und Sam Hunter informelle Kunst auf der Biennale von 1957 und 1959. Die Schweizer Konkrete Kunst wies in eine andere Richtung, eine Richtung, welche die brasilianischen und südamerikanischen Künstler interessierte. Max Bill und Sophie Taeuber-Arp repräsentierten zu dieser Zeit die konstruktive Richtung der internationalen Kunst, die der Mode des Abstrakten Expressionismus aus New York und dem europäischen Informel widerstand. Auch wenn die Ausstellung von Taeuber-Arp den Trend der konstruktiven Kunst in Brasilien begründete, gibt es nur wenige Informationen warum die Schweizer Delegation diese große Ausstellung von Sophie Taeuber-Arp in São Paulo organisierte. Um mehr über die Hintergründe zu erfahren ist es wichtig die Primärquellen zu erschließen und weitere Recherchen durchzuführen, um mehr über die Bezüge zwischen der konstruktivistischen Kunst von Sophie Taeuber-Arp und den brasilianischen Künstlern der 1950er Jahre zu herauszufinden.

Bericht von Professor Mari über seine Recherchen während des ARP-Stipendiums

 


 

THEOPISTI STYLIANOU-LAMBERT

Museologin, Fotografin, Cyprus University of Technology

Obwohl Kenntnis darüber besteht, dass Amateurfotografie und fotografische Archive unterschiedliche Bedeutungen ausweisen, je nachdem wann und wer sie sich anschaut, gibt es fast keine tiefer gehende Analyse der privaten Fotos von Künstlern. Ironischerweise sind es aber gerade diese Fotografien, die aufgrund ihres vermeintlichen historischen Wertes, vorzugsweise katalogisiert, archiviert und für zukünftige Generationen erhalten werden. Leider werden die von Künstlern gemachten oder in deren Besitz befindlichen Fotografien meist ausschließlich zur Unterstützung kunsthistorischer Einordnungen oder Künstlerbiografien genutzt. Was dabei normalerweise ignoriert wird – und demnach noch nicht ausreichend untersucht wurde – ist die Bedeutung dieser Fotografien für die Künstler selbst sowie den zeitgenössischen Betrachter. Darüber hinaus sind weitere Untersuchungen nötig, um zu verstehen wie die Bedeutung der Bilder generiert wurde und ob diese bewusst oder unbewusst entstand. Das Forschungsprojekt möchte untersuchen, was im Laufe der Zeit mit der Materialität, der Bedeutung und der Nutzung der Fotografien von Künstlern geschieht. Das Fotoarchiv der Künstler Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, das sich in der Stiftung Arp e.V. befindet, wird dabei als Fallbeispiel dienen und zwar nicht, um das Leben der Künstler zu untersuchen, sondern das Leben ihrer Fotografien. Die Untersuchung soll zeigen, wie sich die Bedeutung der privaten Fotos von Künstlern über die Zeit wandelt, wenn sie in unterschiedlichen sozialen und historischen Bereichen und in unterschiedlichen Medien (wie Alben, Zeitschriften, Ausstellungen) benutzt werden. Um die sich wandelnde Nutzung und die Bedeutung von diesen zu verstehen, möchte ich die Herstellung, Nutzung und den Gebrauch der Fotos zu Lebzeiten der Künstler als auch nach deren Tod untersuchen. Dies sollte wertvolle Informationen darüber liefern, wie die Künstler sich selbst wahrnahmen und wie sie von Anderen wahrgenommen werden wollten. Das Projekt erschließt sowohl Erkenntnisse über die persönliche Lebensgeschichte als auch die Selbstwahrnehmung der Künstler. Darüber hinaus wird die Untersuchung der Nutzung des fotografischen Archivs nach dem Tod der Künstler, dessen Verwendung in kunsthistorischen Publikationen und Ausstellungen, viel darüber erzählen, wie Amateurfotografie dazu eingesetzt wird um kunsthistorische Erzählungen zu unterstützen. Anders formuliert: Wie wird eine ursprünglich persönlichen Lebensgeschichte in Kunstgeschichte verwandelt? Fragen der Indexikalität (was sehen wir?), Materialität (print versus digital) und der Bedeutung der Fotografie (für die verschiedenen “Darsteller”) sind entscheidend bei dieser Untersuchung. Die Fotografien von Künstler werden in zwei unterschiedlichen visuellen Kommunikationssystemen untersucht, das des Familienalbums und das der Kunstgeschichte. Die Ergebnisse tragen zu den Debatten über Amateurfotografie, Performance und Identität bei sowie über den Wert und die Bedeutung von Amateurfotografie.

Bericht von Theopisti Stylianou-Lambert über ihren Forschungsaufenthalt in der Stiftung Arp im Juni 2016