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2020

VINCENZA BENEDETTINO

Kunsthistorikerin, Doktorandin an der Universität Heidelberg und École du Louvre, Paris

Hans Arps monumentale bildhauerische Aufträge – Synthese der Künste in Harvard (1950), Caracas (1953) und Paris (1958) im historischen Kontext der 1950er-Jahre

Das Forschungsvorhaben widmet sich den monumentalen Skulpturen, die Hans Arp in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts für das Graduiertenzentrum der Universität Harvard, die Universitätsstadt in Caracas und die UNESCO in Paris entworfen hat. Die von Arp für diese Aufträge erschaffenen Kunstwerke sind in enger Zusammenarbeit mit den Architekten konzipiert worden, welche nicht nur für die Bauwerke, sondern auch für deren künstlerische Gestaltung im Sinne der Integration und Synthese der Künste verantwortlich waren.

Ziel des Forschungsprojektes ist die Entstehung der drei Arbeiten im Rahmen der jeweils unterschiedlichen historischen und kulturpolitischen Kontexte zu analysieren. Darüber hinaus werden die Hintergründe anlässlich der Ausführung der drei emblematischen modernistischen Baukomplexe mit dem reichen künstlerischen Programm an Malereien und Skulpturen einiger der wichtigsten Architekten des 20. Jahrhunderts erforscht. Auch die standortbezogenen Kunstwerke wurden bei bekannten Bildhauern und Malern der Nachkriegsmoderne, meistens Vertreter von ungegenständlichen Kunstrichtungen, in Auftrag gegeben, sodass die gesamten Projekte als Zeugen des Triumphs des Modernismus sowohl im Bereich der Architektur als auch in dem der bildenden Künste verstanden werden können.



FRANCESCA FERRARI

Kunsthistorikerin, Doktorandin am Institute of Fine Arts, New York

Sophie Taeuber-Arp und der menschliche Körper

Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper spielt eine wichtige Rolle im Werk von Sophie Taeuber-Arp, kommen in ihm doch die einzigartige Verbindung aus abstrakten geometrischen Formen und figurativen Motiven zusammen.

In ihrer Dissertation „Animierte Geometrien: Abstraktion und der Körper im Werk von Paul Klee, Sophie Taeuber-Arp, Joaquín Torres-García und Alexandra Exter” untersucht Francesca Ferrari Taeuber-Arps Darstellung der menschlichen Figur und analysiert deren Beziehung zu ihrer geometrischen Bildsprache. Die Kunsthistorikerin argumentiert, dass Sophie Taeuber-Arp wie auch Paul Klee, Joaquín Torres-García und Alexandra Exter Pionierarbeit für eine Ästhetik geleistet haben, die wiederkehrende mathematische Strukturen und den unregelmäßigen, organischen menschlichen Körper als komplementär und nicht als sich gegenseitig ausschließend ansieht. Nach Ferrari fungiert der Körper als eine Art Subtext im Werk von Taeuber-Arp in den 1920er-Jahren, wobei die Künstlerin entweder die menschliche Figur darstellt oder die Sinne des Betrachters durch phänomenologische und kinetische Effekte anspricht. Klee, Taeuber-Arp, Torres-García und Exter nutzten das Potenzial der mathematischen Strukturen, sich auf die Physikalität des Körpers zu beziehen, um das Kunstwerk phänomenologisch zu “beleben” und den Betrachter zu aktivieren. Ihr Ansatz hat entscheidende politische Implikationen, denn er widersetzt sich verschiedenen Trends der Zwischenkriegszeit, die in ähnlicher Weise mathematische Strukturen und den Körper kombinieren (z.B. Anthropometrie und Bewegungsstudien), um die menschliche Figur als stabile, erkennbare Einheit darzustellen, die untersucht, klassifiziert und möglicherweise eliminiert werden kann. Indem sie dialektische Beziehungen zwischen der menschlichen Figur und den geometrischen Formen herstellen, verleihen diese Künstler gleichzeitig abstrakten Kompositionen Vitalität und machen den Körper zu einer dynamischen Ansammlung von sich verschiebenden Zeichen. Obwohl sie sich in ihrer Dissertation auf den Zeitraum zwischen 1918 und 1930 konzentriert, knüpft sie auch an drängende zeitgenössische Diskussionen über den Widerstand des Körpers gegen erkenntnistheoretische Paradigmen an.



DR. DELPHINE GRASS

Literaturhistorikerin und Übersetzerin, Lancaster University

Bewegte Linien: Übersetzung als Performance im Werk von Hans/Jean Arp

Dr. Delphine Grass wird während ihres Stipendiums an zwei Projekten arbeiten: einem Essay und einer akademischen Monografie.

„I/Archiv“ kann sowohl als ein intellektueller Essay über das verlorene Archiv als auch als eine Familienerinnerung über das mehrsprachige Leben im elsässisch-lothringischen Grenzgebiet beschrieben werden. Anhand des hybriden Genres der kreativen Kritik untersucht der Essay die Rolle der Übersetzung bei der Konstruktion und Übermittlung transnationaler Erinnerung. Der Essay verwebt das eigene Familienarchiv von Grass (in Form von Briefen, aber auch in mündlicher Überlieferung) mit den Forschungen, die sie bereits seit vier Jahren über Schriftsteller und Künstler aus dieser Region, darunter Hans/Jean Arp, durchgeführt. Für den Teil des Aufsatzes, den sie während ihres Aufenthaltes in der Arp Stiftung e.V. entwickeln wird, ist es das Ziel, die Beziehung zwischen Arps Skulpturen und den antiken griechischen Statuen zu erforschen und sich speziell auf die verschiedenen Darstellungen von Nacktheit zu konzentrieren, die jede von ihnen verkörpert. Fokus ist es, die für Arps Werke charakteristische Form der Nacktheit im Kontext dessen zu erforschen, was Giorgio Agamben das “nackte Leben” von Staatenlosen nennt.

„Bewegte Linien: Übersetzung als Performance in der künstlerischen Praxis des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts“: Die Monografie wird das Konzept der ‘performativen Übersetzungen’ untersuchen. Dieses wird von Delphine Grass entweder als Übersetzungen definiert, die ihre Übersetzbarkeit ausführen oder aber als fiktionale Übersetzungen eines bildlichen Ausdrucks. Das Buch wird die Rolle der Übersetzung in avantgardistischen Praktiken untersuchen, die durch ihre künstlerische Auseinandersetzung Vertreibung und Exil reflektieren oder repräsentieren. Besondere Aufmerksamkeit wird „Moving Lines“ dabei den literarischen und intersemiotischen Übersetzungen widmen, die die politischen Begriffe der Vertreibung entweder abgelehnt, in Frage gestellt oder transzendiert haben.

Ein Abschnitt dieses Buches wird sich auf die europäische Avantgarde des frühen zwanzigsten Jahrhunderts konzentrieren, insbesondere auf die Verwendung von Übersetzungen in den Werken von Kurt Schwitters, Marcel Duchamp und Hans/Jean Arp. Darin soll gezeigt, inwieweit die Übersetzung für die Avantgarde-Schriftsteller und bildenden Künstler ein zentrales Anliegen war und oft eine Möglichkeit bot, über die von der kapitalistischen Moderne produzierten Formen der Verdrängung zu reflektieren.



DR. ELKE SEIBERT

Kunsthistorikerin, Post-Doc Research Associate, Deutsches Forum für Kunstgeschichte Paris

Bildwerke Arps im Diskurs zur Vorzeit in New York (1930-40). „Prehistoric Rock Pictures in Europe and Africa“ (1937) im Museum of Modern Art und die Re-Appropriation prähistorischer Kunstkonzepte in den USA

Hans Arps Bildwerke „Berg, Nabel, Anker Tisch“ (1925) und „Zwei Köpfe” (1927) sind 1937 durch Alfred H. Barr in Verbindung mit prähistorischen Malereien und Gravierungen im Museum of Modern Art ausgestellt worden. Barr rekurrierte mit diesem visionären Konzept auf bestehende Diskurse zu Moderne und Vorzeit in Europa und nahm aktuelle Trends der New Yorker Avantgarde auf.

Seine Wahl fiel nicht zufällig auf diese Arpschen Werke. Ihre Bildqualitäten spiegeln Charakteristika wider, die mit der Appropriation prähistorischer Kunstkonzepte, Artefakte und Architekturen in die amerikanische Kunst gelangt sind. Der zweite Grund für Barrs Auswahl dieser beiden Werke kann in der Wertschätzung der Arpschen Kunst durch die New Yorker Avantgarde gesehen werden. Für die Rezeption und Transformation europäischer Kunstwerke durch amerikanische Künstler war der Zugang bzw. die Schau originaler Kunstwerke häufig maßgeblich. Auch Arps Kunst kann in der technischen Reproduktion nur bedingt „funktionieren“. Elke Seiberts Forschungen zielen deshalb ebenso auf die Mediendifferenz von Original und Reproduktion, auf Aura und Unität des Originals, welche den Diskurs zur Vorzeit in New York um 1937 beeinflusste.

Barrs Ausstellungszyklus zum sogenannten “Primitivismus“ (1935-37) ist noch heute Gegenstand kunsthistorischer Forschungen. So soll das Wissen um die Gesamtkonzeption von Barrs Prehistoric Rock Pictures in Europe and Africa (1937) die Rezeption des Archaischen in Arps Werk auf eine erweiterte Quellenbasis stellen. Arp bezog sich auf Urkräfte und auf ein überzeitliches, universales Kunstschaffen, was Künstlern in den Vereinigten Staaten nicht verborgen geblieben ist. Barrs visionäre Konzeption, die Vorzeit mit Gegenwart, Prähistorie mit Moderne verband, resultierte aus zeitgenössischen Diskursen und der Sehnsucht nach einem Neuanfang in den Bildenden Künsten, legitimiert durch die Vergangenheit und durch die Natur. Die Konstruktion einer Urzeit bzw. Vorzeit eröffnete einen Projektionsraum für den ersehnten Neuanfang in der Kunst der Zwischenkriegsjahre auf beiden Seiten des Atlantiks, die mit Blick auf Temporalisierung, Authentizität, Materialität, Transfer und künstlerische Praktiken im Rahmen dieses Fellowship analysiert wird.



MARTHA W. SWETZOFF

freiberufliche Film- und Videoschaffende, Mediengestalterin

Bringing Hans Arp and Sophie Taeuber to life for scripted television

Martha Swetzoff entwickelt eine Fernsehserie und einen begleitenden Roman, die die Gründung des Cabaret Voltaire aus der Sicht der beiden beteiligten Protagonistinnen erzählen: Emmy Hennings und Sophie Taeuber. Der Fokus auf die weibliche Perspektive wird durch neue Forschungsergebnisse und das Publikumsinteresse an diesen beiden Frauen unterstützt. Innerhalb von insgesamt acht Episoden entfaltet Swetzoff die Entwicklung der Beziehung von Hans Arp und Sophie Taeuber, ihre Zusammenarbeit, ihr Verhältnis zu Hugo Ball und Emmy Hennings und die Einflüsse, die beide auf die kollaborativen Aufführungen im Cabaret Voltaire hatten.