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2018

COLE COLLINS
 
Edinburgh College of Art, The University of Edinburgh
 
Abstrakte feminine Formen im Werk von Hans Arp und Kurt Schwitters
 
Cole Collins untersucht die abstrakte Form der Skulpturen Hans Arps und Kurt Schwitters als mögliche feministische Darstellungen der weiblichen Form. Er betrachtet die Abstraktion oder Dekontextualisierung des weiblichen Körpers unter Berücksichtigung des Schwitterschen Konzeptes der Entformung und unter Berücksichtigung der queer-feministischen Idee, wie sie Jack Halberstam vertritt, dass eine Frau nicht eine „Frau werden muss“, sondern vielmehr sich ihrer Weiblichkeit entkleiden kann („unbecome woman“, J. Halberstam, The Queer Art of Failure. Durham, NC: Duke University Press, 2011, p.12.5.). Danach sind die Definitionen des Frauseins, der Frau und von Weiblichkeit verzerrt oder rekontextualisiert von einer Andersbewertung/einer „Ver-queer-ung“ des Geschlechts („queering of gender“).Weiter untersucht Cole Collins das Konzept des Frauseins in Schwitters und Arps Werken als ein Erkunden von Mütterlichkeit, etwa wenn man an Schwitters Darstellungen der Madonna – bzw. Gottesmutter – in seinen Collagen und Skulpturen denkt, und an Arps Skulpturen und seine Konzentration auf den Nabel. Denn die Madonna ist kein Werk konventioneller Mütterlichkeit, schwanger, während sie gleichzeitig ihre Jungfräulichkeit behält und dadurch das natürliche Konzept von Mütterlichkeit und Empfängnis zuwiderläuft. Der Nabel in Arps Werk ist ungeformt, vor allem in seinen Skulpturen ausgetieft.Der Nabel steht am Anfang und steht für die lebensgebende Verbindung des Fötus mit der Mutter. Wenn wir erstmal den Mutterleib verlassen haben, wird die Nabelschnur abgebunden, und der Nabel heilt ab. Der Nabel in Arps Skulpturen heilt hingegen niemals ab. Daher stellt seine Ungeformtheit das Konzept der Mütterlichkeit in Frage und untergräbt damit traditionelle biologische Funktionen. Cole Collins schlägt daher vor, dass sowohl queere als auch feministische Theorien solche Darstellungen erklären könnten.Ausgehend von den Konzepten des “Ent-Werdens”, des “Un-Seins” und einer aufbrechenden Ausdrucksweise, die das Bild der Frau, wie von Halberstam vorgeschlagen, erschafft oder vielmehr destruiert, untersucht Collins, wie sich dies durch Abstraktion und Kollage auf Skulpturen übertragen ließe. Dabei wird er in seiner Untersuchung auch andere queere und feministische Theorien einbeziehen, wie die von Judith Butler, Lauren Berlant und Michael Warner formulierten.
 
 
 

 
 
DR. CHARA KOLOKYTHA
 
Northcumbria University, UK
 
Hans Arps Zusammenarbeit mit dem Kunstmagazin und der Galerie Cahiers d’Art
 
Chara Kolokytha untersucht die Zusammenarbeit von Hans Arp mit dem Kunstmagazin und der Galerie Cahiers d’Art. Dabei möchte Kolokytha aufzuzeigen, wie Arps Kunst innerhalb des Magazins und der Galerie präsentiert wird. Die Ausgangspunkte ihrer Untersuchung sind zum einen der 1934 von Jan Brzekowski in Cahiers d’Art publizierte Text über Arp, der eine Absage an das System der „Kunstismen“ darstellt, und zum anderen die formalen Eigenschaften der Kunst Arps, die ihm einen Platz in Christian Zervos’ Magazin und Galerie sicherten. Während Arp selbst seine Kunst innerhalb der künstlerischen Entwicklungen seiner Zeit verortete, wie seine Mitgliedschaft in den Künstlergruppen Abstraction Creation und Cercle et Carré und sein 1925 mit El Lissitzky herausgegebenes Buch „Die Kunstismen“ zeigen, wird seine Kunst in Cahiers d’Art als Inbegriff des individuellen Ausdrucks gefeiert. Das Forschungsprojekt der Stipendiatin möchte diese beiden Einordnungen Arps als individueller und kollektiver Künstler beleuchten.Dabei soll seine biomorphe Formensprache im Vergleich zu den antinaturalistischen Tendenzen der ungegenständlichen Kunst betrachtet werden ebenso wie die Art und Weise, wie diese bei formalistischen Kritikern wie Zervos rezipiert wurde. Die Ansichten, die Brzekowski in seinem 1934 publizierten Aufsatz über Arp und Taeuber-Arp formuliert, folgen den Anschauungen wie sie im Cahiers d’Art formuliert wurden, die den individuellen künstlerischen Ausdruck favorisieren. Dies macht auch Zervos’ Text “Les Derniers Aspects de l’Art Non-figuratif” von 1935 deutlich, der in “Histoire de l’Art Contemporaine: La Peinture” erscheint. Zusammen mit Joan Miró und André Masson wird Arp darin für seine individuelle Ausdruckskraft gelobt.Nach dem Streit zwischen Siegfried Giedion, Christian Zervos und der Direktion des Kunsthauses Zürich über die Auswahl der Künstler für die Ausstellung “Abstrakte Malerei und Plastik” 1934 ist es interessant zu sehen, dass Arp auch danach weiter mit Zervos zusammenarbeitete, was wohl mit dessen Wertschätzung von Arps plastischem Werk zusammenhängt. Das Forschungsprojekt von Chara Kolokytha macht es sich zur Aufgabe, die Lücken in Bezug auf Arps Verständnis der abstrakten Form zu schließen und den Aspekt von Individualität und Naturalismus in seiner Kunst durch eine eingehende Analyse von Texten, Archivmaterial und Ausstellungen zu untersuchen, die seine Zusammenarbeit mit Cahiers d’Art beleuchten.
 
 
 

 
 
SABINE KRIEBEL
 
University of Cork
 
Arp konstruiert: Fotografie und die Reproduktion
 
Sabine Kriebel möchte sich einem Corpus an Fotografien widmen, welche Arp zwischen Mitte der 1920er- und 1960er-Jahre von sich selbst und seinem Werk aufgenommen hat, um die gegenseitige Beeinflussung von Subjektivität und Skulptur vermittelt durch die Kamera zu studieren. Dabei möchte sie nicht nur die inszenierten Selbstporträts analysieren, in denen der Künstler eine spezielle, wenn auch eine sich stets wandelnde Persönlichkeit der Kamera zeigt, sondern auch Aufnahmen von Arp zusammen mit seinen bildhauerischen Objekten, um den Weg aufzuzeigen, wie sich künstlerische Identität und Skulptur innerhalb des fotografischen Rahmens und dahinter zusammen bilden. Fotografie transformiert die Objekte, stellt eine semiotische Struktur her – das heißt eine Entität mit Bedeutung – außerhalb des Bereichs des banalen Alltagslebens. Welche neuen Einsichten über Arp und sein bildhauerisches Werk werden durch seine Fotografien ins Leben gerufen?Obwohl man die Porträts für ikonisch hält, interessiert sich Sabine Kriebel speziell für den seriellen und prozessualen Aspekt ihrer Herstellung, welche „Fehler“ und „Irrtümer“ aufweisen und genauso vielfach reproduzierte Bilder beinhalten kann. Weiterhin hat sie vor, den veränderten rhetorischen Modus seiner Fotografien im Hinblick auf wechselnde Absichten für die öffentliche Präsentation aufzuzeigen.Vom Spiel bis zur Introspektion, vom aktiven Agenten bis zum geschützten Rezipienten erzählen Arps Porträts und seine Skulpturen eine sich verändernde Sensibilität seiner künstlerischen Selbstpräsentation dem Publikum gegenüber und etwas darüber, was es bedeutet, abstrakte Skulptur im 20. Jahrhundert herzustellen.Aufbauend auf aktuelle Forschungen, die die fotografische Repräsentation von Skulpturen untersuchen, möchte die Stipendiatin diese Studie zu Arps skulpturalen Selbstporträts in ihre derzeitige Forschung zu technologischen Repräsentationen des Individuums der Zwischenkriegszeit einbinden umrahmt von derzeitigen Forschungstendenzen in der Psychoanalyse. Die Untersuchung zu Arps Einbeziehung der Fotografie in seine Bildhauerpraxis wird auf aktuellen Forschungen basieren, die die Verflechtung des Mediums, der Subjektkonstruktion und Geschichte beleuchten. Anstatt den Mythos des Künstlers als einsam Schaffender wiederzubeleben, soll diese Studie zu Arps Selbstporträts Zusammenarbeit des Bildhauers mit dem Fotografen betonen. Häufig wird eine Fotografie zwar als transparentes Bild bewertet, doch ein Foto hat vielmehr eine vermittelnde Wechselwirkung zwischen dem Ausführenden, das heißt der Kamera, und dem Subjekt. Durch solche Fotografien – sowohl des Künstlers als auch seines Werks – wird seine Reputation verbreitet und verstärkt. Aber dabei handelt es sich um Konstruktionen, die durch die Kamera vermittelt werden, deren Bedingungen und Einsätze dieses Projekt offen legen möchte.
 
 
 

 
 
GABRIELE MAHN
 
freie Kunsthistorikerin, Paris
 
Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp: neue Aspekte der Zusammenarbeit
 
Das Forschungsprojekt von Gabriele Mahn bezieht sich auf die Zusammenarbeit des Künstlerpaars Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp. Zum einen interessiert sie sich für die „Verknüpfung“ bestimmter Werke, zum anderen möchte sie sich mit bisher wenig beachteten Werken auseinandersetzen. Außerdem sollen die Beiträge der beiden Künstler zu bestimmten Werkgruppen, die bisher nicht eindeutig identifiziert werden konnten, näher untersucht werden.Die zahlreichen Publikationen, die sich in der Bibliothek der Stiftung Arp e. V. befinden, möchte sie des Weiteren gern nutzen, um unbekannte und wenig beachtete Aspekte der Zusammenarbeit beider Künstler zu untersuchen. Dabei geht es ihr um ausgewählte Duo-Arbeiten, im Besonderen um die Duo-Collagen.Bei einigen Arbeiten des Künstlerpaares konnte die Entstehung für die Kunstgeschichte bisher nicht klar herausgearbeitet werden. Das betrifft besonders die Werkgruppe der Holzskulpturen. Gabriele Mahns wissenschaftliches Anliegen ist es, die Zusammenhänge und die Hintergründe der Entstehungsgeschichte dieser Werke auszuleuchten.Im Einzelnen möchte sie die Reihe von Zeichnungen für Holzskulpturen von Sophie Taeuber-Arp näher betrachten. Diese Projekt-Zeichnungen sind teilweise vermutlich nicht als Skulpturen ausgeführt worden und auch als Original-Zeichnungen vermutlich nicht mehr erhalten mit Ausnahme der Konstruktionszeichnung (um 1930), die sich in der Sammlung der Stiftung Arp befindet.Diese Konstruktionszeichnungen, von deren Existenz nur noch alte Fotos zeugen, stehen in engem Zusammenhang mit den Holzskulpturen von Hans Arp, die er schuf, bevor er mit Gips arbeitete, z. B. Waldtisch, wie auch mit den Skulpturen, bei denen Sophie Taeuber-Arp zeitweise als Mitautorin genannt wurde, z. B. Ein Grosser und zwei Kleine, 1931, sowie Kravatte und Nabel (um 1931) nach der genannten Konstruktionszeichnung.Die Zusammenhänge dieser Projekte mit den Holz-Skulpturen des Paares Arp/Taeuber-Arp, wie Ehe-Plastik (1937), Wegweiser (1938) und o. T. (Kopf aus gedrechseltem Holz) (1937) von Sophie Taeuber-Arp, sollen in dieser Studie betrachtet und analysiert werden mit dem Ziel, die enge Verknüpfung beider Werkgruppen herauszustellen.Gabriele Mahns Projekt wird materielle, formelle und ästhetische Untersuchungen bestimmter Werke beider Künstler vornehmen sowie Verbindungen der Werke untereinander herausarbeiten. Im Besonderen ist es ihr dabei wichtig, die gegenseitige Beeinflussung der Künstler in ihrer Arbeit zu zeigen und den Beitrag des einen für das Werk des anderen herauszustellen.
 
 

 
 
SUSANNE Nørregård NIELSEN
 
Dozentin für Kunstgeschichte, Glasgow School of Art, Schottland
 
Vom Bleistift zum Papier
 
Susanne Nørregård Nielsens zurückliegende und gegenwärtige Forschung beschäftigt sich mit dem Einfluss textilhandwerklicher Arbeiten auf die bildende Kunst des 20. Jahrhundert. Dabei interessiert sie sich vor allem für die Verbindungen zwischen der abstrakten Malerei und der modernen Textilkunst. In ihrem Projekt wird sie sich praxisorientiert mit Sophie Taeuber-Arps Text »Bemerkungen über den Unterricht im ornamentalen Entwerfen« aus dem Jahr 1922 beschäftigen, indem sie diesen Text über das Entwerfen textiler Muster als Anwendung systematischer Regeln für das Kunstschaffen Sophie Taeubers untersucht. Der Text bildet die Grundlage für eine Reihe von Papierzeichnungen mit Bleistift, Gouache oder Tinte, die sie herstellen wird, indem sie den Gestaltungsvorgaben folgt, die Sophie Taeuber in ihrem Text beschreibt. Diese Vorgaben lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Acht Regeln befassen sich mit Fragen der Formen, also mit Rechteck, Kreis oder Linie. Die zweite Gruppe mit ebenfalls acht Lehrsätzen beschäftigt sich mit grundlegenden Fragen der Farbtheorie, also mit Komplementärfarben, neutralen Farben, Farbtönen und ihren Abstufungen. Sie möchte prüfen, ob die interpretierende Anwendung der Instruktionen neue Einsichten liefern kann, um Sophie Taeubers Praxis, übergreifend in verschiedenen Medien zu arbeiten, vom Stoff zu Papier oder Leinwand, verständlich zu machen. Die Erfahrung, ein solches Konvolut an Zeichnungen angefertigt zu haben, wird der Stipendiatin einerseits helfen, neue Arbeitsmethoden für eine praxisorientierte Forschung zu formulieren, aber auch neue Erkenntnisse über die Textilarbeiten Sophie Taeubers für die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts zu gewinnen.Ein anderer Aspekt des Forschungsaufenthaltes ist es, ein Publikationsvorhaben zu konkretisieren. Das Buch würde zum Teil aus den Vorschlägen und Regeln des Textes von Sophie Taeuber bestehen und einer Übersetzung. Mit der Gestaltung des Buchprojektes sollten sich für Studenten, Kunstwissenschaftler und Textilgestalter neue Möglichkeiten aufzeigen, die bewusst angewandten Methoden im Umgang mit dem Material nachzuvollziehen und somit ein tieferes Verständnis für das Denken Sophie Taeubers und ihre Arbeitstechnik zu entwickeln. Nicht minder interessant wäre es, wenn sich aus der spielerischen Anwendung der vorliegenden Gestaltungsprinzipien Ansätze für neue Muster und Textildesign ergäben. Dies wäre für eine junge Generation von Studenten eine neue Herangehensweise, um sich auf einer neuen Grundlage mit dem Arbeitsprozess von Sophie Taeuber zu beschäftigen.